In einem Schritt, der den geplanten Einschränkungen von Nizza ähnelt, hat die Stadt Cannes einstimmig beschlossen, den Zugang für große Kreuzfahrtschiffe mit mehr als 3.000 Passagieren ab 2026 deutlich zu beschränken. Ziel der neuen Regelung ist es, Umweltverschmutzung und Massentourismus einzudämmen – ein bedeutender Wandel im Umgang der Côte d’Azur mit dem Kreuzfahrttourismus.

Hintergrund und neue Regelung
Da Cannes über keinen Hafen verfügt, der große Kreuzfahrtschiffe aufnehmen kann, müssen diese traditionell in der Bucht ankern. Die Passagiere werden dann mit kleinen Tenderbooten an Land gebracht. Nur kleinere Schiffe mit einer Länge von unter 150 Metern dürfen direkt am Quai du Large anlegen. Da die Hoheitsgewässer der Stadt nur bis 300 Meter vor der Küste reichen – weiter draußen beginnt Staatsgebiet – hat die Stadtverwaltung mit dem Betreiber des Kreuzfahrtterminals eine öffentliche Dienstleistungsvereinbarung geschlossen, um die neuen Beschränkungen umzusetzen.
Ab Januar 2026 gilt: Pro Tag darf nur noch ein großes Kreuzfahrtschiff (über 3.000 Passagiere) vor Cannes ankern. Das bedeutet eine Reduktion der bisherigen Anläufe um etwa 50 Prozent – konkret sind nur noch 34 Anläufe im Jahr 2026 geplant, 2027 sogar nur noch 31. Zusätzlich wird ein Tageslimit von 6.000 Kreuzfahrtpassagieren eingeführt.
Kleinere Schiffe im Fokus
Kleinere Kreuzfahrtschiffe mit weniger als 1.000 Passagieren sollen gezielt gefördert werden. Bis 2030 sollen sogar nur noch Schiffe mit weniger als 1.300 Gästen in Cannes willkommen sein.
Der Bürgermeister von Cannes, David Lisnard, betont: „Es geht nicht darum, gegen Kreuzfahrten zu sein. Cannes ist zu einem wichtigen Ziel für Kreuzfahrttourismus geworden, mit echtem wirtschaftlichem Nutzen. Wir wollen Kreuzfahrten nicht verbieten, sondern sinnvoll regulieren, organisieren und überwachen.“
Bereits 2019 hatte Lisnard erste Maßnahmen zum Umweltschutz eingeführt – darunter eine Regelung, die das Ausschiffen nur erlaubt, wenn der Schwefelanteil im Treibstoff 0,1 % nicht übersteigt. Zudem wurde eine Verordnung zum Schutz der empfindlichen Posidonia-Seegraswiesen erlassen, die das Ankern von Schiffen ab einer Länge von 124 Metern reguliert – ein entscheidender Schritt zum Schutz des Mittelmeer-Ökosystems.

Kritik von Branchenvertretern
Der internationale Kreuzfahrtverband CLIA reagierte mit Unverständnis. Man sei „verblüfft über die Entscheidung, den Kreuzfahrtsektor derart stark einzuschränken – eine Branche, die erheblich zur wirtschaftlichen und sozialen Vitalität von Hafenstädten beiträgt und sich klar zur Nachhaltigkeit bekennt“. Besonders kritisiert wurde der „einseitige und abrupte Beschluss ohne vorherige Konsultation oder strategische Abstimmung“, der lokale Unternehmen gefährde.
CLIA verwies zudem darauf, dass Schiffsanläufe oft Jahre im Voraus geplant werden und der Beschluss nur wenige Wochen nach der Unterzeichnung der neuen Mittelmeer-Kreuzfahrt-Nachhaltigkeitscharta durch das Verkehrsministerium und mehrere Reedereien bekannt gegeben wurde.
Auch auf lokaler Ebene äußerte sich die Union Maritime 06, ein Zusammenschluss maritimer Akteure aus den Alpes-Maritimes und Monaco, überrascht und enttäuscht. Die Stadt habe ohne Konsultation oder Folgenabschätzung eine Richtlinie beschlossen, die „die gesamte Branche gefährden“ könne. Man warnt davor, dass sich Reedereien möglicherweise schon vor 2030 aus Cannes zurückziehen könnten.
Aktuelle Zahlen
Im Jahr 2024 verzeichnete die Bucht von Cannes 175 Kreuzfahrtanläufe mit insgesamt rund 460.000 Passagieren. Tipps für Landausflüge in Cannes auf eigene Faust gibt es in unserem Hafenportrait von Cannes.